Dass
sich die Kunst an ihrer Umwelt zu schaffen macht, ist nichts
Ungewöhnliches. Auch umgekehrt ist der Einfluss der Umwelt auf den
Schaffensprozess des Künstlers eine Selbstverständlichkeit. Gerade im
engeren, also ökologischen Wortsinn von Umwelt jedoch, gibt es selten
echte Wechselwirkungen zu beobachten. Bei Beginn der Kooperation, die
dieser Ausstellung zugrunde liegt, konnten wir nicht ahnen wie ergiebig
sprudelnd sich die Synergien ausbilden würden zwischen dem Künstler
Frank Herzog und der Masgeik Stiftung, die seit letztem Jahr im Rahmen
der Aktion Grün des rheinland-pfälzischen Umweltministeriums an der
Rettung der Streuobstwiesen rund um Molsberg arbeitet. Für Herzog
erweist sich die Zusammenarbeit bis heute als thematisches Füllhorn und
Materiallager in Einem. Die Streuobstwiese erhält im Gegenzug durch die
Verwandlung abfallenden Restholzes eine veredelte Zukunft. Viel
wichtiger aber: Im besten Fall zahlen die Werke Herzog es den Obstbäumen
in der Währung zurück, die ihnen jetzt gerade am wertvollsten sein
dürfte: Positive Aufmerksamkeit.
Ein
wichtiger Baustein für das Gelingen der Zusammenarbeit liegt in der
kulturellen Dimension des ursprünglich ökologischen Ansinnens: Hinter
dem Untergang des hochstämmigen Streuobstanbaus steckte einst neben den
marktwirtschaftlichen Argumenten der Plantage auch ein fragwürdiger
politischer Wille und hinter dem vermeintlich harmlosen
Effizienzgedanken eine ernstzunehmende Feindseligkeit gegenüber dem
Freien und nachhaltig Schönen. Schon in den Zwanzigerjahren mobilisierte
man auf höchster Ebene im Rahmen der Festlegung von Reichsobstsorten
gegen die Artenvielfalt.
Es ist letztlich
dieser Hintergrund, der den Westerwälder Künstler Frank Herzog zum
perfekten Botschafter der Angelegenheit macht. Als Chronist des Alltags
bringt er Dinge und Phänomene, die oft nicht mehr wahrgenommen werden,
in den Fokus. Zu Skulpturen verwandelt, bekommen sie mit einem neuen
Kontext auch neue Aufmerksamkeit. Nach genauer Beobachtung der
Baumschnittarbeiten im letzten Jahr entstand eine ganze Reihe
verschiedenster Arbeiten: Mit seinen Aquarellen bringt Herzog uns auf
Augenhöhe mit dem Obstbaum im Überlebenskampf, denn der Blick muss sich
hier erst durch die Mistelzweige im Vordergrund kämpfen um in die Szene
zu gelangen. Im Zentrum unserer Ausstellung stehen jedoch die
bildhauerischen Werke, neu entstanden aus dem anfallenden Restholz der
Baumpflege. Es ist das Leben und seine Widersacher die Herzog
gleichermaßen aus dem Material freigelegt hat. Ein Buntspecht ist hier
am Werke und führt – den Stamm aushöhlend – in Stellvertretung das Werk
des Bildhauers fort. Faules Fallobst weist neben saftig leuchtenden
Früchten auf den ewigen Kreislauf der Natur und entlang des
Stacheldrahtes blühen symbiotische Flechten und gleichen die
einschneidende Zerstörung aus. So fügt Herzog dem Begriff des
Erhaltungsschnitts der Obstbäume eine neue Dimension hinzu: Wenn er dem
toten Holz mit Klinge und Farbe neues Leben einhaucht und buchstäblich
frisch veredelt und austreiben lässt, geschieht dies letztlich in
Analogie zum wundersamen Verjüngungsprozess durch die Aktivierung des
Erhaltungstriebes, den man sich seit jeher auf der Obstwiese zunutze
macht.
an exhibition with Frank Herzog in conjunction with the Will and Liselott Masgeik Foundation
The fact that art is concerned with its environment is nothing unusual. The environment’s influence on an artist’s creative process is also self-evident. However in the narrower, ecological sense of the word ‘environment’ real interaction is rarely to be found. When the co-operation underlying this exhibition got under way we couldn’t imagine how productively effervescent the synergies between artist Frank Herzog and the Masgeik Foundation would become – with the latter working since last year on saving neglected orchards around Molsberg as part of the Rhineland-Palatine Environment Ministry’s Green Campaign. For Herzog this co-operation has turned out – up to the present day – to be a source of both thematic enrichment and stock-piling of material. In return the transformation of cut branches provides former orchards with a better future. And even more important: in the best case Herzog’s creations reimburse these fruit-trees in the currency that may well be the most valuable at present – positive attention.
The cultural dimension of what was originally an ecological venture played an important part in the success achieved within this co-operation. The decline of formerly flourishing orchards was the outcome of commercial considerations and dubious political objectives, with the supposedly innocuous focus on efficiency masking a disturbing hostility to what was free and lastingly beautiful. As early as the 1920s people mobilised at the highest level against national regulation of acceptable varieties of fruit trees at the expense of diversity.
It is ultimately that background which makes Westerwald artist Frank Herzog the ideal advocate for the cause of diversity. As a chronicler of everyday life he focuses attention on things and phenomena which are often no longer taken into account. When transformed into sculpture in a new context they attract fresh attention. After close observation of tree-cutting last year he produced an entire series of highly diverse works. With his watercolours Herzog brings us into eye-level contact with a fruit tree struggling for survival. One must then first struggle through the mistletoe in the foreground to reach what is depicted. At the centre of our exhibition are the sculptural works newly formed from branches cut during the pruning of trees. Out of this material Herzog has uncovered life and its opponents. Here a spotted woodpecker is at work, hollowing out a trunk and continuing the sculptor’s work. Rotten windfalls alongside glowing juicy fruit demonstrate nature’s eternal cycle while symbiotic lichen flourishes along a barbed-wire fence, compensating for far-reaching destruction. Herzog thereby adds a new dimension to the concept of the cut that saves fruit trees. When he employs saw and paint to bring new life to dead wood, literally freshly embellished and reinvigorated, that ultimately happens as an analogy of a wondrous process of rejuvenation through activation of that drive towards preservation which has always been employed in orchards.